Auszug aus Wikipedia:
„Flatulenz (lat. flatus „Wind, Blähung“, Blähungen) bezeichnet die Aufblähung des Magens bzw. des Darms durch bei der Verdauung gebildete Gase (z.B. Methan, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Schwefelwasserstoff und andere Gär- bzw.Faulgase), wobei es häufig zum Entweichen von Darmgasen kommt. Sitzen diese Darmgase fest, kann es zu schmerzhaften Bauchkrämpfen kommen.“
Und sterben kann man auch davon! Sage ich, Isabelle Schwärzenbach, flatulenz-erprobte Expertin mit jahrelangen Gas-Ausstoß-Erfahrungen.
Ihr kennt dieses Gefühl sicher auch: Der Darm zieht sich zusammen, grummelt und bellt, blubbert und piekst. Dann heißt es: Schnell aufs Klo, die Winde in die weite Welt hinauslassen und sich selber hassen, weil man tags zuvor die Finger einfach nicht vom Rosenkohl lassen konnte!!
Was aber, wenn kein Klo in der Nähe ist? Oder man z. B. in einer riesigen Menschenmenge steht, die mucksmäuschenstill ist? Zum Beispiel während einer Hochzeitsmesse oder noch schlimmer: Auf einer Beerdigung! Was dann???? Pupsen und hoffen, dass der Pups ganz leise wird und vor allem keinen Duft hinterlässt? Hoffen, dass es niemand merkt? Nach draußen gehen? Ihn anhalten und damit einen angestrengten Gesichtsausdruck hinterlassen?
Gedanken, die mir an jenem Abend mit Flo durch den Kopf gingen! Flo war meine brandaktuelle neue Flamme. Kennen gelernt hatte ich ihn einige Zeit zuvor in meiner Stammkneipe „Tigger“ im Süden der Stadt. Ich stand an der Bar und bestellte einen Cocktail. Als ich bezahlen wollte, sagte der Barkeeper, der nette Herr von nebenan hätte mein Getränk bereits bezahlt. Ich schaute nach links und sah in die wohl schönsten blauen Augen, die mein junges Dasein je erlebt hatte! Wow!
Flo, braungebrannt, blonde Haare, groß und muskulös grinste mich mit seinem Zahnpastalächeln an. Wir verbrachten den ganzen Abend im „Tigger“ und tauschten später Handy-Nummern aus um uns dann für einen Kochabend in meiner Wohnung zu verabreden.
Wir haben lecker gekocht und wir hatten einen echt tollen Abend, haben viel gelacht und so richtig Spaß gehabt.
Irgendwann wollte Flo dann gehen und ich brachte ihn zur Tür. Gerade noch lachte ich lauthals über einen Witz, den er rausgelassen hatte, als ich plötzlich verstummte und die Augen aufriss. Oh Gott! Ein Pups bahnte sich seinen Weg durch meinen Darm zum Ausgang. Kennt Ihr das, wenn man dann lachen muss? Dann kann man den Pups kaum anhalten und irgendwann schießt er einfach raus. Ob man will oder nicht! Aber ICH WILL NICHT!!!! Bitte! Nicht jetzt!! Flo ist das erste mal bei mir zuhause und ich muss pupsen???? Lieber würde ich im Erdboden versinken!!
„Was hast Du auf einmal?“ schaut Flo mich fragend an.
„Och…. Nix. Ich fand den Abend echt schön!“ Geh jetzt bitte Flo! Nimm die Klinke in die Hand, mach die Tür auf, geh raus und beeil Dich!! Ich kann nicht mehr lange anhalten!! Mein Darm explodiert gleich.
Schweißperlen stehen mir auf der Stirn.
„Aber Du bist auf einmal so komisch! Hab ich irgendwas falsches gesagt?“
„Nein Flo! Du bist toll! Echt!“
„Aber Du hast doch was! Du guckst ja richtig böse!“
„Ich ruf Dich an Flo, ok?“
Geeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeh!!!!!!!!!!!! Oh mein Gott, ich schaff es nicht mehr lange. Mein Darm scheint sich in alle Richtungen zu winden, um den Pups in sich behalten zu können. Aber egal wie lange ich ihm telepathiere, dass er sich NICHT entspannen soll, der angekündigte Pups tritt immer näher dem Ausgang entgegen. Bleib drin, bleib bitte drin! Ich passe auch gut auf Dich auf und werde Dich hegen und pflegen! Du bekommst alles, was Du willst, sogar Schokolade, obwohl ich auf Diät bin! Nur komm bitte nicht raus!! Ich halte es nicht mehr aus. Panik kommt in mir auf.
„Du Flo, ich muss aufs Klo. Wir telefonieren morgen ok?“ Ich versuche, ihn zur Tür zu schieben.
„Geh ruhig. Ich warte noch. Ein wenig Zeit habe ich noch!“
ICH ABER NICHT!!!!
Ich kann nicht mehr. Raune Flo nur ein „Ok“ entgegen und stürze aufs Klo. Was mach ich nur? Was mach ich nur? Denk nach Isabelle Schwärzenbach! DENK NACH!
Totenstille. Keiner sagt was. Keiner singt. Keiner singt???? Au Mann, warum ich hab ich die CD vorhin nicht auf „Repeat“ gedrückt? Vor ein paar Minuten noch säuselte uns Tracy Chapman ein paar schöne Melodien ins Ohr, die sicher meinen Pups übertönt hätten, aber nun ist wirklich absolute Funkstille.
Ich erinnere mich, irgendwo mal gelesen zu haben, dass man auch lautlos pupsen kann, wenn man die Pobacken ein wenig auseinanderzieht. Dann hat der Wind sozusagen freie Bahn und die „Hautlappen“, die die Geräusche dann entstehen lassen, können beim Entfleuchen nicht mehr stören. Ich stelle mich in leicht gebückter Haltung hin.
„Ist alles ok bei Dir Isa?“
Öhm… „Ja ja, ich komm klar! Bin sofort wieder da!“
Ich konzentriere mich. Halte weiterhin meine Pobacken auseinander, beiße mir fast auf die Lippen und versuche, einen ganz leisen Pupser hinauszulassen. Flusch….. puh…. Das ging ja noch. Ein weiteres mal versuche ich, die Luft auf so stille Weise entfleuchen zu lassen. Prööööt. Hust hust….
„Hab mich nur verschluuuhuuckt Flo! Komme sofort!“
„Ja ja, lass Dir ruhig Zeit!“
Au Mann, der Kerl hat echt Nerven!
Pröööt, prööööt…. Ich täusche einen weiteren Hustenanfall vor und überlege mir schon eine Klage, gegen denjenigen, der die Sache mit dem lautlosen Pupsen geschrieben hat! Ich werde ihn vor Gericht zerren und ihm dann ne lebenslängliche Massenzelle mit mindestens 50 Mitinhaftierten wünschen, in der er das lautlose Pupsen üben kann!
Ich setze mich auf die Schüssel und konzentriere mich weiter. Ein kleiner Testriecher unter meinen Achselhöhlen zeigt mir, dass ich zumindest noch nicht nach Schweiß rieche, auch wenn mir der Schweiß mittlerweile in Strömen auf dem Gesicht hinunterläuft. Wenn ich jetzt in den Spiegel schauen würde, hätte ich sicher ne bessere Gesichtsfarbe, als in meinem letzten Mallorca-Urlaub.
„Cleo, komm mal her… jaaa, Du bist eine brave Katze“ höre ich Flo im Flur. Er beschäftigt sich mit meiner Miezi. Dafür bekommt sie nachher ein Extra-Leckerli.
Ok… er scheint abgelenkt zu sein. Also kann ich es noch mal versuchen. „Pröt“…. Geht doch. „Pröt Pröt Pröt“… oh je, was ist nun los????? Es kommt definitiv nicht nur Luft!!!!!!! AAAAAAAAAAAAAAAAH!!!!
Mein Stoffwechsel meint, nun gerade jetzt zu zeigen, was er auf Lager hat und ich kann nichts dagegen tun. Ich habe keine Möglichkeit, es anzuhalten, oder zurückzuhalten oder gar zurückzuschieben. Es muss raus. Jetzt. Sofort. Ohne wenn und aber und vor allem ohne meine Zustimmung!
„Pröt pröt pröt pröt pröt pröt pröööööööööööööööööööööt“. Ich huste mir die Lunge aus dem Leib und habe gleichzeitig einen Lachkrampf. Ich kann nicht mehr und möchte mich am liebsten ins Klo stürzen und direkt abziehen um im Nirvana der Kanalisation zu verschwinden. Ich möchte nie wieder aus diesem Raum hinaus in die weite Welt. Ich wünschte, Flo würde es gar nicht geben und ich wäre ganz allein auf der Welt. Mutterseelenallein. So allein, dass nicht mal eine Fliege mein Pupsen hören könnte!
Mein erstes Date mit Flo, der im Flur Cleo krault und ich sitze auf dem Klo, gerade mal 2 m von ihm entfernt und blamiere mich zu Tode!!
Stille.
„Isa?“
„Ja?“
„Alles ok?“
„Na klaaaaar! Ich bin schon fertig!“
Puh…. Ich säubere mein Hinterteil, benutze dazu fast ne ganze Rolle Klopapier, wasche mir die Hände, öffne die Tür und glaube kaum, was ich da sehe: Flo hockt in gebückter Haltung im Flur auf dem Boden, die Hände schützend über seinen Kopf gebeugt, während er ruft „Los Cleo, renn weg! Sie schießen auf uns und schmeißen Bomben! Cleo, es ist Krieg! RENN WEG!“
Mit hochrotem Kopf komme ich aus dem Lachen nicht mehr raus und merke gerade noch, wie ein übriggebliebener Luftzug meinen Darm mit einem lauten PRÖÖÖÖT verlässt und dann kann ich nicht mehr. Flo nimmt mich in seine Arme und ich fange bitterlich an zu weinen, weil ich mich so sehr schäme. Haben Sie schon mal gelacht und geweint gleichzeitig? Ich weiß gar nicht, was ich zuerst machen soll, aber Flo trocknet meine Tränen sehr schnell und sagt: „Ich mag Frauen, die ein wenig so sind wie Männer!“
Und dann? Pupst er. „Sorry“, lächelt er mich an „das kommt sicher vom Bohnensalat“ und wir können uns beide vor Lachen kaum noch halten.
Ob es ein Kompliment war, dass ich ein wenig so bin wie ein Mann, habe ich an jenem Abend nicht mehr rausfinden können. Auf jeden Fall wusste ich aber, dass es kaum noch etwas geben würde, wofür ich mich bei Flo noch mehr hätte schämen müssen. Das Schlimmste hatte ich immerhin hinter mich gebracht.
Ok, das zweitschlimmste war sicherlich ein paar Wochen später eine ungewollte Magenentleerung nach einer durchzechten Nacht mit viel zu viel Prosecco….. Alles fing mit einem nicht zu unterdrückenden lauten Rülpsen an und endete damit, dass der gesamte Inhalt meines Magens auf Flos Schoß landete, als wir gerade im Taxi auf dem Nachhauseweg waren. Irgendwann hat er mich dann verlassen…. Weil für ihn ein wenig zuviel Mann in mir steckte…. Dabei ist all das doch einfach nur völlig MENSCHLICH und irgendwo auch lebensnotwendig oder?
Alles, was keine Miete zahlt, muss raus. So einfach ist das! Oder seht IHR das etwa anders?
Bis bald,
Eure Isa…. wie Pisa, nur ohne P
© Andrea Koßmann













